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Investieren – Ein Leitfaden

By 1. November 2017 Mai 17th, 2020 No Comments

Ein Leitfaden für selbstbewusste Entscheidungen

PDF hier herunterladbar: wp-content/uploads/2020/04/Investieren-ein-leitfaden-1-11-17.pdf

Zusammenfassung:

Ich will einige grundlegende Einsichten mit Ihnen teilen und versuchen, Sie zu überzeugen, dass Sie mit diesen vernünftig investieren können.

  1. Die grundlegenden Funktionsweisen der Kapitalmärkte sind verstehbar und beherrschbar; auf der Oberfläche, also dem Angebot von Finanzprodukten herrscht eine verwirrende und unüberschaubare Vielfalt. Es ist aber der tatsächliche Inhalt der Investition, der langfristig über den Ertrag entscheidet – nicht die Form. Konzentrieren Sie sich daher auf den Inhalt und lassen Sie sich nicht von der Verpackung verwirren; wenn Sie wissen, wie ein Produkt anlegt, wissen Sie auch, welche Rendite Sie davon erwarten können – und welches Risiko Sie damit eingehen.

  1. Rendite und Schwankungsrisiko haben eine enge und gleichgerichtete Verbindung: je höher das Risiko desto höher die Rendite; die unvorhersehbaren Schwankungen von Investitionen reduzieren sich mit der Dauer des Investments, d.h. je länger der Zeitraum, desto geringer die Ab­weichungen der Rendite per anno. Daher sind Zeithorizonte wesentlich, um das zulässige Risiko zu bestimmen. Unterscheiden Sie zwischen einer langfristig stabilen grundsätzlichen Aufteilung Ihrer Investitionen („strategische Asset Allocation“) und einer laufenden Anpassung an die aktuellen Preisniveaus der Kapitalmärkte („taktische Asset Allocation“).

  1. beginnen Sie mit einem Plan, mit dem Sie die Zeithorizonte Ihrer Investition festlegen. Verwenden Sie für Ihre Investitionen Beurteilungs­kri­terien, die dem jeweiligen Zeithorizont angemessen sind. Seien Sie realistisch, wie langfristig die Planungs-Zeiträume Ihres Lebens sind. Entwickeln Sie aus dieser Planung ein Konzept für die Investition, die Sie brauchen: das Wesentliche ist die Aufteilung Ihrer Investition nach Risiko und Rendite; das entspricht der Aufteilung in die beiden wesentlichen Anlageklassen Aktien und Anleihen. Entscheiden Sie dann, in welcher Form Sie investieren wollen: einzelne Wertpapiere oder Fonds? Fondsgebundene Versicherung? Erst dann wählen Sie die Produkte aus, die Ihre Kriterien bestmöglich erfüllen.

Zusammengefasst:

Erstens der Plan: wieviel Kapital für welchen Zeithorizont?

Daraus zweitens das Konzept der Aufteilung der Anlageklassen: wieviel Aktien, wieviel Anleihen?

Drittens die Entscheidung der Form: Einzeltitel-Depot, Fonds-Depot, fondsgebundene Versicherung?

Erst dann, viertens, die Auswahl jener Produkte (Einzelaktien, -anleihen, Fonds), die diesen Ansprüchen in der aktuellen Situation an den Finanzmärkten am besten entsprechen, also

PLAN >>> KONZEPT >>> FORM >>> PRODUKTE

Mit diesem Text stelle ich Ihnen ein Instrument zur Verfügung, mit dem Sie die wesentlichen Schritte für ein gutes Portfolio selbst meistern können. Es würde mich freuen, wenn Sie es nutzen können. Wenn Sie stattdessen oder zusätzlich meine Beratung in einem persönlichen Gespräch nutzen wollen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Vereinbaren Sie einen Termin und wir finden heraus, welche Unterstützung Sie wünschen und was Sie eigenständig erledigen wollen.

Vorrede

Zur Veranschaulichung des Problems, zeige ich Ihnen ein Beispiel, an dem ich demonstrieren will, wie irreführend es ist, auf der Produktebene zu beginnen. Wenn Sie schon überzeugt sind, dass Sie mit einem Plan beginnen sollten, können Sie das überspringen und bei „2. Investmentplan“ weiterlesen.

Hier sehen Sie ein fiktives, aber realistisches Portfolio, bestehen3 Fonds auf einem Fondsdepot, einer standardisierten Vermögensverwaltung, einer Versicherung und Sparbüchern:

bestehendes Portfolio

Marktwert

Gewinn/Verlust netto

EUR

EUR

gesamt

Per anno

Fondsdepot

Fair Invest

20.000,00

1.000,00

Ethna Aktiv

23.682,77

2.000,00

Templeton Growth Fd A Dis

4.373,14

703,15

Summe

48.056

3.703,15

8%

2% p.a.

Vermögensverwaltung

Life Balanced

40.000

2800

7%

5% p.a.

Rentenversicherung

Clevesto Safe Lane

40000

7%

0,2% p.a.

Sparbücher

120000

0,40%

0,1%p.a.

Summe

248.056

Was sagt Ihnen das? Ist das gut, schlecht, mittel, ist was zu ändern? Ist das für Sie nur eine nichtssagende Tabelle? Für die meisten Menschen ist es das: verwirrend und nichtssagend – und zwar sogar dann, wenn es ihre eigene Investition ist.

Ich kann es für Sie einmal ordnen, damit es mehr Sinn ergibt, etwa mit konventionellen Risikokategorien:

Kategorie

Produkt

Betrag

Gewichtung

Cash

Sparbücher

€ 120.000

48%

Konservativ

Fair Invest

Clevesto Safe Lane

Ethna Aktiv

SUMME: 83.700

35%

Ausgewogen

Life Balanced

€ 40.000

15%

Dynamisch

Templeton Growth

€ 4.300

2%

Macht es Sinn, zuerst zu fragen, ob es jeweils bessere Produkte in der Vergleichsgruppe gäbe, also etwa konservative Fonds, die mehr als 2% p.a. gebracht hätten? Sparbücher mit 0,3%? Die Gefahr wäre hoch, sich hierbei in müßigen Vergleichen um wenige Prozentpunkte Unterschied zu verzetteln und durch häufiges Umschichten nur höhere Spesen zu verursachen. Macht es nicht mehr Sinn, zuerst zu fragen, ob die Gewichtung der Kategorien sinnvoll ist? Und wie können wir das feststellen, wenn nicht, indem wir die InvestorInnen selbst fragen, was sie eigentlich wollen mit ihrem Geld – und vor allem: wann?

Der Beginn eines Beratungsgesprächs: Welchen Verlust fürchten Sie?

Wenn ich Klienten, die meinen Rat suchen, wie sie ihr Geld anlegen sollen, nach ihren Erwartungen frage, höre ich häufig: „Ich will einen gewissen positiven Ertrag aber vor allem keine Verluste“. Das ist entweder eine sinnfreie Floskel, die zu beliebigen Ergebnissen führen kann, oder ein nützlicher Ausgangspunkt für eine präzise Definition. Schwierig ist die Bedeutung von „Verlust“: meint es einen kurzfristigen, nicht erwarteten Preisrückgang? Oder meint es einen langfristigen schleichenden Verlust von Kaufkraft? Beispiel: Aktien können im Verlauf eines Jahres um 20% fallen; wenn ich die Aktie 20 Jahre halten will, ist das irrelevant, solange ich weiterhin überzeugt bin, dass das Unternehmen wertvoll ist, also ökonomisch nützlich. Wenn ich das Geld allerdings in diesem Jahr brauche, um meinem Sohn ein Studienjahr zu finanzieren, ist es eine Katastrophe. Das umgekehrte: wenn ich eine euro­päische Staatsanleihe kaufe, die 0,4% Zinsen zahlt, und die Inflation beträgt 2%, erleide ich in einem Jahr einen Kaufkraftverlust von 1,6% – das ist kaum spürbar und daher leicht verkraftbar. Wenn ich die Anleihe aber 20 Jahre halte, habe ich rd. ¼ des Wertes meiner Investition verloren.

Langfristig will ich mit meinem Investment primär einen Ertrag deutlich über der Inflationsrate erzielen; kurzfristig ist jedoch die Verlustvermeidung wichtiger als der Ertrag.

Daraus folgt, dass ich meine Klienten entscheiden lasse, welchen dieser Verluste sie vermeiden wollen. Und das geht nur, wenn sie klären, was der realistische Zeitraum ihrer Investition ist – oder, häufiger, die unterschiedlichen Zeiträume. Erst dann ist es sinnvoll möglich, festzulegen, welcher Verlust zu vermeiden ist. Da Verlustrisiko und Ertragschance eng korrelieren, ist das auch die Klärung der gewünschten Rendite.

Aus der Frage an die InvestorInnen entsteht dann folgende Aufteilung in Laufzeiten:

 PLAN

Zeit

Betrag

Gewichtung

Cash/Täglich verfügbar

€ 15.000

6%

Kurz

€ 55.000

22%

mittel

€ 100.000

40%

Lang

€ 80.000

32%

Summe

€ 250.000

100%

2. Der erste Schritt: Der Investmentplan – Die Laufzeiten.

Die Zeithorizonte festzulegen ist für viele meiner Klienten eine überraschende Übung: überraschend kompliziert und mit überraschenden Ergebnissen. So ist etwa eine häufige Motivation, Geld anzulegen die Pensionsvorsorge. Den Zeithorizont setzen Menschen in einem Beratungsgespräch daher als Differenz zwischen gesetzlichem Pensionsantrittsalter und aktuellem Alter fest. Eine Frau um die 50 gibt als Investment-Zeitraum daher ca. 10 Jahre an. Ist das plausibel? Ich frage dann: Und was tun Sie mit dem Kapital dann zu Pensionsantritt? Bis jetzt hat noch kein/e meiner GesprächspartnerInnen einen Sofort-Verbrauch des gesamten Kapitals angekündigt; allen wurde spätestens durch diese Frage bewusst, dass der Planungshorizont die eigene Lebenserwartung ist, also in dem obigen Fall rd. 27 Jahre länger. Diese Vervierfachung des Planungs-Horizonts macht für die Aufteilung auf Aktien und Anleihen einen erheblichen Unterschied. In den meisten Fällen ist der Planungs-Horizont also deutlich länger als erwartet. Wahrscheinlich noch wichtiger ist die Konsequenz aus der zweiten grundlegenden Einsicht: Alle Menschen haben mehrere Investment-Ziele: eine stets verfügbare Reserve für Haushaltsreparaturen, eine größere Reise oder Bildungskarenz in einigen Jahren, die Unterstützung von Kindern bei Wohnungskauf oder Weltreise und Pension. Natürlich ist es weder möglich noch notwendig, diese einzelnen Geld­ziele exakt zu beziffern, wichtig ist, die unterschiedlichen Verwendungsziele und deren Zeiträume grob festzulegen – und als einzelne Bausteine eines Portfolios zu definieren und zu beobachten. Das ist so essentiell, weil für unterschiedliche Zeiträume unterschiedliche Beurteilungs­kriterien gelten und es Rendite ohne Risiko genauso wenig gibt wie hohe Rendite trotz geringer Schwankung. Die meisten Fehler bei der Planung von Investitionen entstehen genau aus solchen Verwechslungen: Geld wird mit zu wenig Risiko angelegt obwohl der Zeitraum lang ist und entsprechend enttäuschend fallen die Renditen aus oder umgekehrt, die Investition wird zu riskant gewählt und muss dann mit hohem Verlust aufgelöst werden.

Einfach gesagt: Kurze Zeit, kleines Risiko, lange Zeit, hohes Risiko.

Für das besprochene Beispiel, bei dem es um regelmäßige Ausschüttungen über einen längeren Zeitraum geht, können wir folgende Grafik einsetzen, um den Zusammenhang von Risiko und Zeithorizont zu veranschaulichen:

Die Breite der Balken gibt die geplante Laufzeit an; je weiter oben sie liegen, desto höher Risiko und erwartete Rendite. Je nach Wertentwicklung können aus den oberen Risikogruppen Gewinne in untere abgeschöpft werden, gegen Ende des geplanten Zeithorizonts werden die jeweiligen Investmentbausteine aufgelöst, um das Konto zu speisen.

Das Ergebnis dieses Gesprächs ist, zu veranschaulichen, dass die individuelle Risikobereitschaft nicht primär eine Frage des Charakters oder der Nerven ist, sondern des Planungszeitraums. Der Zeitraum bestimmt die Bewertungs­kriterien von Risiko und damit die Toleranz für Schwankungen. Die üblichen Risiko-Kategorien („konservativ“, „dynamisch“) ersetze ich daher schlicht mit Schwankungsrisiko. Daher können wir in die oben erstellte Laufzeiten-Tabelle nun die Risikokategorien einsetzen.

 PLAN

IST

Zeit

Schwankungsrisiko

Betrag

Cash

Keines

€ 15.000

120.000

kurz

niedrig

€ 55.000

83.000

mittel

mittel

€ 100.000

40.000

lang

hoch

€ 80.000

4.000

Summe

€ 250.000

ca. € 250.000

Somit haben wir aus den Planungszeiträumen der InvestorInnen vorläufige Risiko-Töpfe festgelegt, die im weiteren Gesprächsverlauf verfeinert werden können. Aus der Gegenüberstellung von den geplanten Aufteilungen in die Risiko-Töpfe zu dem aktuellen IST-Zustand wird ersichtlich, wo und wie deutlich die Umschichtungen sind, um eine den Kunden angemessene Aufteilung zu erreichen.

Ich will Ihnen jetzt erläutern, welche tatsächlichen Investitionsmöglichkeiten diesen Risiko-Begriffen entsprechen; daher eine kurze Einführung in die Theorie der Finanzmärkte.

  1. Das Konzept:

  1. Die Ordnung der Finanzmärkte: es gibt immer 2 Möglichkeiten. Der Beginn des Investmentkonzepts.

Was können wir mit Geld tun? Wir können es ausgeben – also konsumieren – oder aufheben, also sparen.

Konsum <> Sparen

Was können wir mit dem gesparten tun? Wir können es jemandem borgen und dafür Zinsen kriegen, oder wir können Eigentum an etwas erwerben und an dem künftigen Nutzen davon profitieren.

Kredit <> Eigentum

Das Erste, wenn wir also einen Kredit gewähren, hat unterschiedliche Namen: Sparbuch, wenn der Empfänger eine Bank ist; Anleihe, wenn wir einem Staat oder Unternehmen Geld borgen. In beiden Fällen kriegen wir entweder fixe oder variable Zinsen, jedenfalls wird die Rückzahlung garantiert. Da wir immer den ursprünglichen Betrag zurückerhalten, ist eine Unsicherheit weniger als bei Eigentum, daher gilt das als sicherer. Meist ist auch die Höhe der Zinsen festgelegt.

Wenn ich Eigentum erwerbe, kann ich entweder ein Tauschobjekt erwerben, also etwas, von dem ich annehme, dass ich es in Zukunft zu einem höheren Preis wieder verkaufen kann, ohne dass dieses Ding selbst einen Mehrwert erzeugt hätte. Das häufigste Beispiel hierfür ist Gold; gilt aber auch für Kunst, Münzen, Weine, etc. Die andere Form von Eigentum ist jenes an einer Sache, die einen Nutzen bringt, einen Mehrwert erzeugt: eine Wohnung, die ich vermiete, ein Wald, in dem die Bäume wachsen – oder ein Miteigentum an einem Unternehmen, das nützliche Dinge produziert oder anbietet und damit Gewinne erzielt. Ich erwarte mir hiervon einen laufenden Ertrag (Miete, Dividenden, Holz) und/oder einen steigenden Wert, weil der laufende Ertrag reinvestiert wird und damit den Wert der Sache steigert.

Ich beschäftige mich mit der Verpackung von „Kredit“ und „Eigentum“, die als Wertpapiere formatiert sind und an Börsen gehandelt werden.

Aktie <> Anleihe

Die Kapitalmärkte sind von diesen zwei Arten von Wertpapieren bestimmt: Anleihen, die Kredite an Staaten oder Unternehmen ausdrücken und Aktien, die Eigentum an Unternehmen ausdrücken. Die übrigen Bestandteile der Kapitalmärkte, insbesondere die Märkte für Rohstoffe, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Währungen („Futures“) lasse ich hier außer Acht zu gering ist ihre Bedeutung für private AnlegerInnen und zu verworren die ethischen Abgründe und kommunikativen Barrieren bei ihrer Vermittlung. Der rechtliche Unterschied zwischen Anleihen und Aktien bedingt eine unterschiedliche Sicherheit, insbesondere hinsichtlich der Erdwartbarkeit künftiger Einnahmen: bei der Anleihe ist Zeitpunkt und Höhe der Zinszahlung sowie der Tilgung festgelegt; bei der Aktie bin ich an den künftigen Gewinnen des Unternehmens beteiligt, diese sind aber unsicher, entsprechend sensibel reagiert der Preis der Aktie auf Änderungen der Einschätzung künftiger Gewinne. Der Preis von Aktien schwankt daher stärker. Das ist ein höheres Risiko. Für eben dieses höhere Risiko erhalte ich auch eine höhere durchschnittliche Rendite. Aktien bringen daher im Durchschnitt höhere Renditen. Damit ist das Universum der Investitionen schon umfassend beschrieben.

Das Verhältnis von Aktien zu Anleihen bestimmt im Wesentlichen die Einteilung von Investmentprodukten in Risiko-Kategorien. Ich halte es für sinnvoller, den Inhalt, also die tatsächlichen Investitionen, zu betrachten als Verpackungsbegriffe wie „konservativ“ zu verwenden. Diese Begriffe suggerieren nämlich eine Entsprechung zu einer Grundhaltung von Menschen, so als ob der Geschmack oder Nervenstärke jeder/s Einzelnen bestimmen würde, wie viel Aktien sie oder er halten sollte. Das halte ich für falsch, weil es eine rationale Planung zugunsten eines Geschmacksentscheids aufgibt und damit letztlich irrationale Entscheidungen begünstigt: mit einem Planungshorizont von 20 Jahren in europäische Anleihen zu investieren, ist nicht „konservativ“, sondern unvernünftig. Und, als wesentliche Folge davon, versperren solche Begriffe den InvestorInnen die Sicht darauf, in was sie eigentlich investieren. Ein fehlendes Verständnis der eigenen Investition wiederum begünstigt irrationale Folgeentscheidungen. Daher versuche ich möglichst rasch zu klären, dass und in welchem Verhältnis InvestorInnen in Anleihen und Aktien investieren – und verstecke das nicht hinter Produktnamen – und mit welchen Schwankungen hierbei zu rechnen ist.

  1. Die Übersetzung der Laufzeiten in Anlageklassen (Asset Allocation)

Nachdem die Zeithorizonte definiert sind und die Zuordnung von Aktien und Anleihen zu Laufzeiten geklärt ist, kann nun das eine in das andere übersetzt werden:

Masterplan Asset Allocation (strategisches Portfolio):

Zeit

Cash

Kurz

Mittel

Lang

Betrag

15000

55000

100000

80000

Schwankungsrisiko

Keine

Niedrig

mittel

höher

Asset Allocation

Konto

100%Anleihen

50%Anleihen

100% Aktien

Vereinfacht ergibt sich daher folgende Gewichtung:

Anleihen

Aktien

Immobilien

Gold

cash

42%

52%

0%

0%

6%

Sowohl Aktien als auch Anleihen können in immer kleinere Subkategorien aufgeteilt werden, um jeweilige Risiko-Rendite-Verhältnisse auszudrücken: von großen, etablierten Firmen oder von jungen, stark wachsenden? Aus den entwickelten Kapitalmärkten Nordamerikas und Europas oder aus den Schwellenländern? Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen? Die Tabelle könnte also vielfach verfeinert werden. Für den Zweck dieser Darstellung reicht aber die große Einteilung in Kredit oder Eigentum, Anleihe oder Aktie aus.

Aus den grundlegenden Eigenschaften Schwankung und Ertrag ergeben sich, für welchen Zeiträume Anleihe und Aktie jeweils besser geeignet sind: Aktien für langen Zeiträume, weil hier kurzfristige Schwankungen unwichtig sind, die Rendite deutlich über der Inflationsrate aber gewünscht; Anleihen für kurze Zeiträume, wo Schwankungen unerwünscht, die Rendite aber nicht so maßgeblich ist.

Die grobe Festlegung des Verhältnisses von Aktien und Anleihen in einem Portfolio ist bereits der wichtigste Schritt des Investmentplans. Diese Fest­legung richtet sich nach den individuellen Zeithorizonten. Sie ist nicht abhängig von aktueller Marktbewegungen; sie bleibt über den gesamten Investment-Zeitraum stabil, wobei der Aktienanteil stetig verringert wird, je mehr wir uns dem jeweiligen Investmenthorizont nähern, je näher also der gewünschte Auszahlungszeitpunkt des investierten Kapitals rückt.

  1. Zwischenrede: was ist besser, ein einfacher Plan – oder die Suche nach einem Wunderprodukt, das hohe Rendite ohne Risiko bringt?

Meine Erfahrung ist, dass die Aufteilung eines Investment-Budgets in unter­schiedliche Verwendungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten intuitiv ein­leuch­tend ist und von den meisten meiner Kunden so gedacht wird. Er­staunlicher­weise ist jedoch die systematische Übersetzung dieser Verwendungs-Zeiten in geordnete Portfolio-Bausteine äußerst selten. Eine Investition, die einerseits eine sehr baldige und anderer­seits eine sehr langfristige Verwendung finden soll, ist aber mit einem mittleren Risiko jedenfalls falsch: für das eine zu riskant, für das andere zu wenig ertragreich!

Das scheinbare Dilemma, dass hohe Rendite und niedriges Risiko einander ausschließen, führt zu häufigen Fehlentscheidungen: die Suche nach dem einen genialen Produkt, das niedrige Schwankung mit hoher Rendite verbindet. Nicht dass es so was nicht auch über längere Zeiträume gibt – das Problem ist, dass es außergewöhnlich selten ist und bislang keine objektiven Kriterien entdeckt wurden, wie ein solches Investment im Vorhinein zu erkennen wäre. Gerne gratuliere ich jedem im Nachhinein, der ein solches vorweisen kann – in meiner Erfahrung endeten aber die meisten der mit einer wunderbar schwankungsarmen vergangenen Performance beworbenen Produkte in Ent­täuschungen. Damit meine ich nicht so sehr jene seltenen Fälle von tatsächlichem Betrug; sondern die häufigen Fälle, in denen eine Phase von außergewöhnlichen guter Performance von enttäuschenden Phasen von unterdurchschnittlicher Performance gefolgt werden. Häufig liegt das dann an eben jenen Faktoren, die davor die gute Performance brachten: das mathematische Modell, dass über Jahre meist richtige Kauf- und Verkaufssignale lieferte, ermattet und liefert falsche Signale; der „vermögensverwaltende Fonds“, der fast hellseherisch Krisen vorhergesehen hatte, liegt dann jahrelang daneben. Das Problem daran ist weniger die schlechte Performance an sich, sondern dass von Beratern übertriebene Erwartungen geschürt wurden, die dann enttäuscht werden. Es gibt eine statistisch ziemlich stabile Regel in der Finanzbranche, die „Reversion to the Mean“, also Rückkehr zum Mittelwert, heißt: außergewöhnliche Performance kehrt über längere Zeiträume zum Mittelwert der jeweiligen Anlageklasse zurück. Da die Marketing-Abteilungen immer jene Produkte hervorheben, die in den ver­gangenen Jahren außergewöhnlich gute Performance hatten, erhöht das eben keineswegs die Wahrscheinlichkeit, auch in Zukunft außergewöhnlich gute Performance zu erhalten – jedenfalls wenn nicht die Faktoren der Über-Performance klar verstanden werden. Dadurch wird die Suche nach dem genialen Investmentprodukt zu einem Glücksspiel – und damit Investieren zu einer Spekulation – und genau das möchte ich helfen zu vermeiden; es geht mir darum, die Basis für vernünftige Entscheidungen zu legen, die vorhersehbare Ergebnisse liefern. Daher sollen Bausteine mit definierten Zeithorizonten und definierten Risiko-Rendite-Erwartungen fest­gelegt werden. Das bestimmt somit auch die unterschiedlichen Be­wertungs­­kriterien: das kurzfristige Investment wird kurzfristig beurteilt, das langfristig. Eine Investition, die auf Sicht von 3 Jahren eingegangen wird und im ersten Jahr ein Plus von 30% liefert, ist zwar hoch erfreulich aber dennoch falsch. Und umgekehrt ist ein Kursrückgang von 30% im ersten Jahr bei einem Investment, das auf Sicht von 20 Jahren gewählt wurde, zwar bedauerlich aber an sich noch kein Indiz für ein schlechtes Investment; wenn die langfristigen Aus­sichten für dieses Investment unverändert positiv eingeschätzt werden, ist der Kursrückgang nur ein Anlass, noch einmal, billiger, zu kaufen. Das ist dann Thema bei der „taktischen“ Asset Allocation.

  1. Der Abschluss der Planung

Aus der Aufteilung der Zeithorizonte und der Risikobudgets ergeben sich auch zentrale Schlussfolgerungen für die Art Ihres Investments: ein Fonds-Depot, eine Vermögensverwaltung, ein Depot mit einzelnen Aktien und Anleihen, eine fondsgebundene Versicherung oder eine klassische Lebensversicherung. Einige Kriterien:

  • Eine Versicherung ist von den Bedingungen langfristig, d.h. sie sollte mit dem entsprechend hohen Risikobudget ausgestattet sein.

  • Bei einer sehr geringen Verzinsung in der Lebensversicherung erübrigt sich der steuerliche Vorteil,

  • Ob ein breit gestreutes Fondsdepot oder ein günstigeres Einzel-Aktien-Depot für Sie besser geeignet ist, entscheidet sich nicht nur durch die Höhe des Investmentbetrags, sondern vor allem durch den Aufwand, den Sie damit haben wollen: Einzelaktien erfordern deutlich mehr Zeit.

  • Eine Vermögensverwaltung ist standardisiert, d.h. Sie können weniger individuell gestalten und an Ihre Ziele anpassen. Definieren Sie daher, für welches Ziel sie diese einsetzen wollen.

  • Kosten sind der entscheidende Faktor bei der Wahl; egal ob Versicherung, Fonds, Einzeltitel oder Vermögensverwaltung: die Auswahl an Produkten ist so immens groß, dass jedenfalls für Ihre Risikodefinitionen geeignete gefunden werden können

Für einen funktionierenden und robusten Investmentplan fehlen noch einige Kriterien – welche und wie viele das sind, ist jedoch individuell verschieden:

  • wer sind die Menschen, die von dem Investment betroffen sind? Wie können die in die Planung eingebunden werden?

  • Welche ethischen Kriterien werden angelegt? Welchen Nutzen soll das Investment erzielen, abgesehen von Rendite – bzw. wie genau wird Rendite gemessen? Sie können den ethischen Nutzen des Investments auch als wichtigstes Kriterium definieren und die Rendite ignorieren – aber das Risiko sollten Sie unverändert planen.

  • Wie erfolgt insgesamt die Erfolgskontrolle? Wie häufig? (ob Sie wöchentlich oder jährlich oder alle 5 Jahre tun, ist Ihre Entscheidung; meine Erfahrung ist, dass 9-18 Monate ein guter Turnus für eine intensive Auseinandersetzung sind– was ist passiert und was sollte geändert werden? – aber es gibt auch Klienten, die alles, was häufiger als 7 Jahre ist als Belästigung erleben). Wer ist dafür verantwortlich?

  • Wenn Sie mit einem Berater, einer Beraterin zusammenarbeiten, sollte festgelegt sein, wofür diese/r verantwortlich ist und wie die Honorierung grundsätzlich erfolgt

  • Und welche Investition sind von diesem Plan umfasst, welche nicht?

Hier soll keine umfassende Liste erstellt werden, sondern dazu aufgefordert werden, all diese Bedingungen der Investition möglichst früh und möglichst ausführlich schriftlich festzulegen. Das erleichtert nämlich die Kommunikation mit allfälligen Beratern wie mir ungemein, hilft aber auch der eigenen Erinnerung – wir reden ja über lange Zeiträume – und, vor allem, lässt es andere, etwa Familienangehörige, leichter verstehen, was der Plan und Sinn eines Investments war und damit dessen Vorzüge erst erkennen. Das Konzept dieses „Investmentplans“ übernehme ich aus der US-amerikanischen Beratungskultur; dort heißt es „Investment Policy Statement“. Im Anhang finden Sie eine Liste, was darin zusammengefasst wird.

Als Ergebnis dieser Planung liegt dann eine Aufteilung des vorhandenen und künftig anzusparenden Kapitals auf die individuellen Zeithorizonte und damit die wesentlichen Anlageklassen vor. An dieser Stelle reicht es aus, wenn es die beiden großen Blöcke „Aktien“ und „Anleihen“ sind; ebenso viel Sinn macht es aber, auch eine regionale Aufteilung zu planen. Eine Orientierung, ob hierbei einzelne Wertpapiere gekauft werden sollen oder Investmentfonds oder Versicherungen verwendet werden sollen und können, ist auch erforderlich. Aber letzteres – nämlich die Entscheidung zwischen Versicherungen und Investmentfonds-Depot kann rational erst dann getroffen werden, wenn der Zeithorizont und die Risikobereitschaft definiert wurden, weil der jeweilige steuerliche Vor- oder Nachteil eben von der durchschnittlich erzielten Rendite abhängt.

Am Ende dieses Nachdenkens und Planens sollte feststehen:

  • wie viele Zeithorizont-Risiko-Bausteine wird das Portfolio haben und wie werden sie gewichtet?

  • In was wird wie viel investiert (Wertpapiere, Investmentfonds, Versicherungen, Sonstiges)?

Damit ist der Investmentplan fertig.

In dem Beispiel wird die folgende Neuaufteilung des Portfolios beschlossen, zuerst, zur Erinnerung die Gegenüberstellung von geplanter und aktueller Aufteilung auf die Laufzeiten:

Der Plan

 PLAN

IST

Zeit

Schwankungsrisiko

Betrag

Cash

Keines

€ 15.000

120.000

kurz

niedrig

€ 55.000

83.000

mittel

mittel

€ 100.000

40.000

lang

hoch

€ 80.000

4.000

Summe

€ 250.000

ca. € 250.000

Das bestehende Portfolio kann mit nur 3 Transaktionen in den geplante Aufteilung gebracht werden: Die bestehende fondsgebundene Versicherung von einer 0%-Aktien-Aufteilung („Safe Lane“) in eine 100%-Aktien-Aufteilung geändert – das verursacht keine Kosten und senkt sogar die künftige laufende Spesenbelastung.

Die Sparbücher werden Großteils aufgelöst und zum Aufstocken der „mittleren“ und „langen“ Laufzeiten, also der Töpfe mit ca. 50% Aktien und 100% Aktien verwendet.

Zeit

Produkt

Betrag

Veränderung

Cash

Sparbücher

€ 120.000

Reduzieren um 105.000

Kurz

Fair Invest

Clevesto Safe Lane

Switch in Aktien-ETF

Ethna Aktiv

Mittel

Life Balanced

€ 40.000

Aufstocken um 40.000

Lang

Templeton Growth

€ 4.000

Aufstocken um 36.000

Doch vor der tatsächlichen Umsetzung muss noch bedacht werden, was die aktuelle Marktsituation ist und wie die kurzfristigen Aussichten eingeschätzt werden. Ist es ratsam, jetzt in Aktien zu investieren? Welche Regionen oder Branchen sind zu bevorzugen? Das sind die Fragen, die den nächsten Schritt, die „taktische Asset-Allocation“ bestimmen.

  1. Die Form

Nachdem Sie nun wissen, wieviel Ihres Kapitals Sie in Aktien und wieviel in Anleihen investieren wollen, stellt sich die Frage, in welcher Form Sie das tun wollen.

  1. Die direkteste und billigste Form ist, einzelne Aktien und Anleihen zu kaufen, auf einem spesengünstigen Online-Depot. Das Problem ist: Sie brauchen viel Kapital, um hier eine vernünftige Streuung zu erreichen. Sie brauchen hierfür relativ hohen und regelmäßigen Aufwand, um die einzelnen Positionen zu beobachten. Es ist daher nicht empfehlenswert, mit einem solchen Depot zu beginnen; es kann aber im Laufe Ihres Investmentlebens sinnvoll sein, einen Teil Ihres Kapitals in einen Aktiendepot zu investieren, dass durch Fonds ergänzt wird.

  2. Eine breite Streuung bereits mit geringem Kapitaleinsatz erreichen Sie durch Investmentfonds. Sie haben grundsätzlich die Wahl zwischen den üblichen „aktiv verwalteten“ Fonds, die relativ hohe Spesen kosten oder sogenannten „passiven“ Fonds, die ohne ein aktives Management auskommen, weil sie einfach einen Index abbilden. Dadurch kosten sie nur rund ein Drittel der aktiven. Da für unterschiedliche Bereiche die Vorteile der einen oder anderen Art überwiegen, empfehle ich, diese Entscheidung nicht dogmatisch, sondern im Einzelfall zu treffen.

  3. Fonds können Sie auch in einem Versicherungsmantel erwerben, das sind die sogenannten „fondsgebundenen Versicherungen“. Diese sind teurer als ein Fondsdepot, bieten aber einen steuerlichen Vorteil. Allerdings gilt dieser nur bei ausreichend langer Dauer und bei ausreichend hoher Rendite. Daher als einfache Regel: bei langer Laufzeit und hoher Rendite/hohem Risiko können Sie Versicherungen nehmen; bei kurzer Laufzeit oder niedriger Rendite/niedrigem Risiko wirkt der Steuervorteil nicht und Sie sind mit einem Fondsdepot besser beraten.

Sie können diese unterschiedlichen Formen auch kombinieren, um jeweils einen Baustein Ihres Portfolios umzusetzen.

Sowohl für die einzelnen Wertpapiere als auch die Fonds können Sie sich wiederum entscheiden, ob Sie die Entscheidungen selbst treffen – und sich nur bei der Auswahl der einzelnen Produkte beraten lassen – oder ob Sie diese Entscheidungen an einen Vermögensverwalter übertragen. Letzteres ist dann sinnvoll, wenn Sie von der Sinnhaftigkeit regelmäßigen Umschichtens überzeugt sind, aber selbst keinen Aufwand damit haben wollen.

  1. die Taktik

  1. allgemein

Gratulation! Mit der Erstellung einer strategischen Asset Allocation haben Sie bereits den wirksamsten Teil geschafften – leider kommt jetzt das arbeitsintensive. Der vorige Teil ist in der Theorie und Praxis unbestritten, d.h. egal, welchen seriösen kompetenten Berater Sie fragen, Ratgeber Sie lesen, Sie werden kaum etwas Widersprüchliches erfahren. Jetzt, bei der Frage, wie die aktuelle Marktsituation sei und in welche Assets jetzt bevorzugt zu investieren sei, wird es aber umstritten und kompliziert. Das liegt einerseits an der immer umstrittenen Interpretation der Gegenwart als auch an den vielfältigen Schulen und Moden des Investierens. Andererseits wird auf diesen Bereich wie ist die aktuelle Situation, wie werden sich die Märkte in den nächsten Wochen, Monaten, Jahre entwickeln – der Großteil der Energie der Finanzbranche verwendet. Daher gibt es hier eine unüberschaubare Flut an Informationen, Interpretationen und mehr oder minder nützlichen Ratschlägen. So einfach die strategische Planung ist, so schwierig ist die Umsetzung. Die gute Nachricht ist: wenn Sie einen stimmigen Investmentplan entwickelt haben, mit klar definierten Aufteilungen, werden Sie von vielen Stellen geeignete Ratschläge erhalten können. Es ist eine gute Idee, für diesen Schritt mit einem Berater, einer Beraterin zusammenzuarbeiten – eventuell nur vorübergehend, gewissermaßen als Lehre. Ich will Ihnen an dieser Stelle nur einige grundlegende Gedanken vorstellen, wie Sie mit Ratschlägen umgehen sollten – und dann ein Offenlegung meiner eigenen Investmentphilosophie.

  1. Trauen Sie keinem Experten. Genauer gesagt: Vertrauen Sie Ihnen nicht. Versuchen Sie, jenen unvermeidbaren Rest von Zutrauen in die Expertise des Fachmanns, der Fachfrau so gering wie möglich zu halten. Meiner Erfahrung nach sind die Einschätzungen der Laien der aktuellen Lage nicht schlechter als die der Experten; genauer gesagt: die Einschätzungen der Welt sind ernst zu nehmen, aber die konventionellen Fehleinschätzungen der Finanzmärkte sollten kritisch hinterfragt werden. Ein Beispiel: die meisten meiner Klienten haben eine differenziert skeptische Erwartung zur wirtschaftlichen Entwicklung in Österreich und Europa, eine positive zur jener in Schwellenländern. Das ist vernünftig. Gleichzeitig vertrauen die Allermeisten aber unhinterfragt den heimischen Investitionsmöglichkeiten (Sparbücher, Bausparer, Lebensversicherungen) mehr als jenen in Schwellenländern. Das ist intellek­tuell nicht konsistent und sollte überprüft werden. Das heißt: haben Sie Vertrauen in Ihre eigene Welt-Wahrnehmung, aber überdenken Sie ihre konventionellen Veranlagungsvorlieben. Investieren Sie nicht in etwas, nur weil es Ihnen vertraut ist. Und vertrauen Sie Ihrer eigenen kritischen Überprüfung von Argumenten. Investieren Sie nicht in etwas, weil Sie dem Berater oder der Buchautorin glauben, sondern weil sie die Argumente nachvollziehbar finden.

  1. Vermeiden Sie hohe Preise: die Finanzbranche funktioniert in thematischen Moden: Technologie in den späten 90ern, Immobilien in den mittleren 2000ern, vermögensverwaltende Fonds nach 2009, jetzt Elektromobilität… Das Problem ist: diese Moden sind grundsätzlich immer begründet – aber bis Sie in diese investieren, sind die Preise so hoch, dass sich ihr Investment nicht rentieren wird, selbst wenn das Thema tatsächlich die Welt verändert. Achten Sie auf den Preis, den Sie für Investments zahlen im Vergleich zu der Rendite, die Sie realistischer Weise erwarten können.

  1. Achten Sie auf die Kosten: ich bin immer überrascht, dass Menschen, die vor Aktieninvestments zurückschrecken, weil da 20% Schwankungen nach oben und unten gleichermaßen möglich sind, bereitwillig in Lebensversicherungen investieren, bei denen durch Steuer und Abschlusskosten sofort und vertraglich vereinbart – also garantiert – 20% des Kapitals verschwinden. Diese Kostensensibilität sollten vor allem konservative AnlegerInnen haben, die derzeit realistisch eine Rendite von 2% p.a. erwarten können – vor Kosten. Wenn die jährlichen Spesen 1,5% sind, bleibt nach Steuern nichts übrig, was den Aufwand lohnt.

  1. Legen Sie die Erwartung an das Investment fest und die daraus folgenden Bewertungskriterien und – zeiträume.

  1. Und, das Allerwichtigste: die taktische Aufteilung Ihrer Investition sollte eine behutsame Anpassung Ihrer Strategie sein und sich logisch und folgerichtig aus dieser ergeben– nicht ein völlig losgelöstes Agieren im Moment.

  1. Schließlich: jeder Ratschlag von Finanzexperten ist das Resultat einer grundsätzlichen Welthaltung – einer Ideologie, wenn Sie so wollen. Wie jemand die aktuellen Preise und die künftige Entwicklung einschätzt, ergibt sich aus seiner oder ihrer grundsätzlichen Haltung zu Finanzmärkten, damit zur Ökonomie, damit zur Welt. Hinterfragen Sie, was der Hintergrund der Empfehlungen ist, und ob Ihnen das plausibel erscheint und Ihrer eigenen Weltsicht entspricht. Das ist der richtige Zeitpunkt für eine

Offenlegung meiner Finanzmarkt-Philosophie

Ich bin überzeugt, dass Investition heißt, ökonomischen Nutzen zu suchen, zu unterstützen und davon zu profitieren. Ein Kredit an einen Staat hat den Sinn, diesem Staat Investitionen in Bildung und Infrastruktur zu ermöglichen, mit denen künftiges wirtschaftliches Schaffen ermöglicht wird, aus dem wiederum Steuereinnahmen resultieren, aus denen die Zinszahlung der Anleihe erfolgen kann. Investiert der Staat aber nicht mehr in Zukunft, sondern finanziert nur noch den gegenwärtigen Konsum, ist das kein ökonomisch sinnvolles Investment. Ähnlich ist das Investieren in eine Firma: es bedarf der begründeten Erwartung, dass das Unternehmen die Einnahmen aus Anleihen-Emission oder Börsegang sinnvoll in Forschung, Maschinen, Patente oder Vertriebsnetze investiert, aus denen künftige Gewinne entstehen, die wiederum als Zinsen oder Dividenden an mich als Investor zurückfließen. Mit dieser Betrachtungsweise werden die Finanzmärkte vom Konzept her einfach: wie finde ich diesen künftigen ökonomischen Nutzen und wie errechne ich daraus einen angemessenen aktuellen Wert? Das ist zwar immer noch eine bemerkenswert schwierige und aufwändige Aufgabe, aber zumindest ist der Bezugsrahmen klar und transparent. Dieser Bezugsrahmen ist klar kommunizierbar, kann also etwa von Unternehmen zur Fondsmanagerin, von dieser zu einem Vermögensberater und von diesem zur Kundin weitergeleitet werden. Diesen kommunikativen Aspekt erachte ich als zentral für den ge­samten hier dargestellten Prozess; so wie die Festlegung von Zeithorizonten und Portfolio-Bausteinen die Kommunikation zwischen Investorin und Berater erleichtert, erleichtert die Konzentration auf den Inhalt der Produkte die Erklärung ihrer Performance; und je transparenter die Produkte sind, desto vorhersehbarer und erklärbarer sind sie. Bei Interesse an diesen Überlegungen empfehle ich einen kurzen Text, in dem ich den „Brief an die Aktionäre“ 2012 von Warren Buffett übersetzt und zusammengefasst habe.

  1. Die Einschätzung des aktuellen Marktes bestimmt die „taktische Asset-Allocation“: ein Beispiel

Meine aktuelle Empfehlung, wie das strategische Portfolio anzupassen ist, lautete:

„1) Aufgrund der niedrigen Zinsen und der Gefahr einer „Zinswende“, werden europäische Anleihen erstens reduziert und ausschließlich in Form von variabel verzinsten oder inflationsgeschützten gewählt;

2) aufgrund der hohen Bewertungen der Aktienmärkte, insbesondere in den USA, werden Aktien deutlich untergewichtet, die USA ausgeschlossen. Um erwartete höhere Schwankungen besser zu nutzen, wird die Aktienposition in Form von „Sparplänen“ aufgebaut.

3) Aufgrund der besseren ökonomischen Perspektiven werden Schwellenländer höher gewichtet.

4) Aufgrund relativ hoher politischer Risken wird vorübergehend, zu Absicherungszwecken, eine Position Gold (ETF) aufgebaut.“

Daraus entstand dann eine deutliche Anpassung des geplanten Portfolios, siehe letzte Zeile:

Angepasste Asset Allocation (strategisch und taktisch):

Zeit

Kurz

Mittel

Lang

Betrag

55000

100000

80000

Schwankungsrisiko

Niedrig

mittel

höher

Strategische Asset Allocation

100%Anleihen

50%Anleihen

100% Aktien

Taktische Asset Allocation

100 % Anleihen:

Schwellenländer

Inflationsgesch

Variabel verzinste

70%Anleihen

Mischfonds global

Mischfonds Asien

50% Aktien, 30% Gold, 20%Anleihen

Sparplan Aktien Europa

Aktien Schwellenländer

Zusammengefasst:

aktuelle Asset Allocation (taktisches Portfolio):

 

Anleihen Aktien Sonstiges (Gold) Cash
60% 28% 10% 6%

 

In diesem Beispiel wurde die Aktienquote also drastisch reduziert (von 52% auf 28% und eine relativ hohe Position Gold aufgenommen. Alternativ dazu hätte auch die Cash-Position erhöht werden können. Andere BeraterInnen hätten in dieser Situation vielleicht sogenannte „Trendfolger“-Fonds gewählt. Diese steigen, mit mathematischen Modellen gerüstet, bei fallenden Kursen aus und bleiben bei steigenden investiert. Wieder andere hätten gar „Hedge Fonds“ gewählt, die etwa auf steigende oder fallende Rohstoffpreise gewettet oder auf Währungspaare, oder andere relative Preisveränderungen. Das entspricht nicht meiner Grundhaltung zu den Finanzmärkten, vor allem aber nicht der Kommunikation mit Kunden.

  1. Und jetzt: die Produktauswahl

Dieser kleine Punkt, ziemlich am Ende meiner Anleitung und unserer Überlegungen ist nun jener, auf den sich der Großteil aller Aufmerksamkeit und Energie an den Finanzmärkten richtet: was soll man jetzt kaufen? Welche Branchen, welche Aktien, welche Fonds sind genau jetzt die Besten? Dieser ganze Text ist ein Plädoyer dafür, dass Sie diesen so viel beachteten Aspekt nicht zu wichtig nehmen; ein guter Plan und ein stimmiges Konzept sollen Ihnen zu Kriterien verholfen haben, mit denen Sie eine klare Vor-Auswahl treffen können, welche Art von Produkten Sie eigentlich brauchen. Wenn Sie sich grundsätzlich immer an einem globalen, über alle Branchen diversifizierten Portfolio orientieren, sollte die einzelne Produktauswahl nur noch einen geringen Einfluss auf den Erfolg Ihres Investments haben; das Konzept sollte Sie davor bewahren, falsche Produkte zu kaufen, also solche, deren Rendite-Risiko-Profil nicht zu Ihren Erwartungen passen. Letzte Ratschläge dazu: schauen Sie immer, was in dem Produkt drinnen steckt; meiden Sie komplexe Strukturen; achten Sie auf die Kosten. Mehr zu dem Thema scheint mir an dieser Stelle keinen Sinn zu machen, weil so viel dazu zu sagen wäre, was aber dann doch nur für kurze Zeit Gültigkeit hat.

  1. Die taktische Anpassung als ewiger Kreislauf

Wenn sowohl die strategische Planung als auch die taktische Anpassung erledigt sind, folgt der Moment der tatsächlichen Transaktion. Ein Kunde hat das neulich treffend formuliert: „Möge das Abenteuer beginnen“. Das trifft es gut, weil ab dem Moment des Investierens Ihr Geld außerhalb Ihrer Kontrolle ist, es wird Teil des riesigen, vielfältigen, sich ständig drehenden Kreisels Finanzmärkte, der weltweiten ökonomischen Wirklichkeiten. Der monetäre Status – Gewinn, Verlust, Stagnation – ist eine Abfolge von Signalen an Sie, quasi Postkarten von der Weltreise Ihres Geldes. Wie neugierig Menschen auf diese Botschaften sind, ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Ich halte es für ratsam, einen regelmäßigen Dialog aufrechtzuerhalten, die Häufigkeit hängt von den Präferenzen des Investors, der Investorin ab. Bei einem großen Vermögen, aus dessen Erträgen eine karitative Einrichtung oder eine Familie ihr Einkommen bestreitet, ist ein Quartal eine angemessene Frist, für manche ist alle 3 Jahre oft genug. Ich denke, die Beschäftigung mit dem Geld hat 2 Funktionen:

  • einerseits ist es sinnvoll, in regelmäßigen Abständen den Verlauf zu kontrollieren und Anpassungen vorzunehmen: manchmal scheitern Investmentfonds und sollten zügig ersetzt werden;

  • eine Anpassung an die Marktsituation verbessert die Performance und kann Verluste verringern. Diese beiden Punkte sind also der gleiche Vorgang wie bei der taktischen Anpassung, laufend wiederholt.

  • Der regelmäßige Dialog hat aber auch die Funktion, die Beziehung zwischen InvestorIn und dem Kapital aufrechtzuerhalten; das ist einerseits nützlich, weil Geld eine Form ist, in Beziehung zur Welt zu treten, die Performance des Kapitals also eine Information über die Befindlichkeit der Welt ist. Das ist mir ein Anliegen, muss aber nicht für jede so sein. Was aber eine allgemein gültige Aussage ist: durch eine regelmäßig gepflegte Beziehung verringert sich die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen. Zu den bittersten Anblicken gehören für mich Portfolios, in denen seriell Fehlentscheidungen getroffen wurden: in Aktienfonds bei hohen Kursen investiert, 2008 40% Verlust erlitten und dann in konservative Fonds umgeschichtet und damit die ganze Erholung der Aktienmärkte ab 2009 versäumt… Das passiert m.E. nur dann, wenn die Kommunikation unterbrochen ist.

  • Und schließlich sollen die regelmäßigen Dialoge auch eine kritische Überprüfung der Arbeit der Beraterin, des Beraters fördern.

In meiner Beratungspraxis besteht das regelmäßige Gespräch aus 3 Teilen:

  1. ein Bericht über die Performance der einzelnen Bausteine des Portfolios, d.h. ein Darlegen von Performance und einer Erläuterung, worauf diese basiert.

  2. Eine Einschätzung der gegenwärtigen Lage und Ausblick auf den nächsten Zeitraum,

  3. Vorschläge, wie das Portfolio auf diese Einschätzung angepasst werden kann. Auch hier gilt: aus der Einschätzung folgt die Suche nach dem geeigneten Produkt, nicht ein aktuell beworbenes Produkt sucht eine Begründung. Wichtig ist mir dabei, die möglichen Alternativen darzulegen: wenn die Zukunft doch anders kommt als prognostiziert, was passiert dann mit den Portfolio-Bausteine?

Dieses Gespräch protokolliere ich; d.h. die Begründung jeder Handlung sollte auch noch nach einigen Jahren rekonstruierbar sein.

Wenn Sie diesen Vorgang ohne Beratung durchführen, empfehle ich Ihnen, dennoch diese Regeln einzuhalten, damit Sie für sich rekonstruieren können, warum Sie etwas getan haben – und sowohl die erwünschten als auch die unerwünschten Ergebnissen richtig interpretieren – denn die Erfahrung lehrt, dass die Interpretation der erzielten Rendite nicht so einfach ist, wie die meisten InvestorInnen davor annehmen:

„erwünschtes Ergebnis“

„unerwünschtes Ergebnis“

„richtige Begründung“

Gut/gut

Gut/schlecht

„falsche Begründung“

Schlecht/gut

Schlecht/schlecht

Ein Beispiel: Anfang 2017 hatte ich einen Marktausblick für meine KundInnen geschrieben (http://www.contor.at/?p=1020); darin empfahl ich, aus US-Aktien auszusteigen, weil Präsident Trump irrational und destruktiv sein wird und die damals von den Märkten erhofften Programme zweifelhaft seien. Das war, denke ich heute noch, richtig analysiert, im Ergebnis aber falsch, weil die Aktien dennoch weiter stiegen. Ich empfahl stattdessen in Schwellenländer zu investieren, vor allem in Asien, weil die wirtschaftlichen Perspektiven positiver sind – das war auch im Ergebnis richtig.

Der wichtige Punkt ist, dass auch eine richtige Begründung zu einem falschen Ergebnis führen kann, und umgekehrt. Daher muss man ehrlich und konsequent in der Analyse sein, um nicht voreilig die positiven Ergebnisse als Beleg für richtiges Denken – und damit eigenes Verdienst – zu werten und umgekehrt.

Die richtige Analyse erhöht die Wahrscheinlichkeit von guten Ergebnissen – sie ist kein Garant dafür. Schlechte oder gar keine Analyse verringert die Wahrscheinlichkeit von guten Ergebnissen – sie verunmöglicht sie aber nicht. Die Analyse ist aber das einzige, das wir, die wir uns mit Finanzmärkten beschäftigen, selbst kontrollieren können – und wofür wir Verantwortung übernehmen müssen. Die Ergebnisse sind, zumindest kurzfristig, immer auch von Unvorhersehbaren und von übertriebenen Stimmungen der Märkte bestimmt. Daher meine ich, dass wir die Analyse kritisch würdigen sollten, die kurzfristigen Ergebnisse nicht das einzige Werturteil sein lassen sollten.

Ergebnisse an den Finanzmärkten sind sowohl rational als auch zufällig; die enorme Komplexität der wirkenden Kräfte macht es unmöglich, zukünftige Ereignisse präzise und immer richtig vorherzusagen. Die rationale Analyse erhöht die Wahrscheinlichkeit auch von kurzfristig richtigen Prognosen – aber eine Trefferquote von 60% ist schon als erfolgreich anzusehen.

Das wirklich wichtige ist, die Auswirkungen auf die langfristige Planung einzuschätzen: stellen die kurzfristigen Ergebnisse die langfristige Planung in Frage, bestätigen sie oder sind sie uneindeutig?

Dieser Punkt ist zentral, weil sehr häufig die Kriterien verwechselt werden: das kurzfristig Unerwünschte – also etwa ein deutlicher Kursverlust mit Aktien – wird als negatives Urteil über den langfristigen Plan missverstanden, also etwa die hohe Aktienquote. Daraufhin wird diese reduziert und an dem anschließenden Wiederaufschwung der Aktien partizipieren Sie nicht mehr.

Die regelmäßige Auseinandersetzung hat also folgende Funktionen:

  • durch die Anpassung der Asset Allocation an aktuelle Preisniveaus und die kurz- und mittelfristigen Aussichten können Risken vermieden und Chancen erhöht werden, somit die langfristige Performance verbessert bzw. die Schwankungen verringert werden.

  • die konsequente und ehrliche Analyse der Ergebnisse schärft die Analysefähigkeit und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit künftiger richtiger Prognosen, bzw. verringert die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen.

  • durch die regelmäßige Auseinandersetzung mit dem investierten Kapital können die realen Faktoren, die dessen Schicksal bestimmen, besser verstanden werden und damit Fehleinschätzungen verringert werden.

  • Schließlich dient die laufende, also „taktische“, Anpassung dazu, die ursprünglich festgelegten Allokation wieder herzustellen – d.h. durch ein sog. „Re-Balancing“ werden Ungleichgewichte wieder ausgeglichen: Assetklassen, die stark gestiegen sind, werden reduziert – und umgekehrt. Das erfolgt aber, im Idealfall, in einem dialogischen Verhältnis, das heißt die Sinnhaftigkeit des Re-Balancing richtet sich auch nach den mittelfristigen Aussichten der einzelnen Assetklassen. Das meint auch, dass die strategische Asset-Allocation regelmäßig interpretiert werden muss: Anleiherendite heißt 2017 etwas anderes als 2007; 2007 wären unter Anleihen wohl zuallererst europäische verstanden worden; diese machen aber 2017 keinen ökonomischen Sinn mehr, daher muss die Asset-Klasse neu definiert werden, etwa mit Schwellenländeranleihen.

Diese Auseinandersetzung mit der aktuellen Wirklichkeit und der Dialog zwischen Investment-Plan und tatsächlichen Ergebnissen ist in meinem Verständnis von Investition ein regelmäßiger und unendlicher Kreislauf. Die Regelmäßigkeit erachte ich für wichtig die tatsächliche Frequenz ist aber Geschmackssache – d.h. diese sollte sich nach den individuellen Bedingungen der InvestorInnen richten, nicht nach gesetzlichen Vorschriften oder den Bedürfnissen der BeraterInnen.

  1. Abschluss, Reflexion:

Ich habe Ihnen eine Struktur vorgestellt, in der von Ihren Zielen ausgegangen wird. Diese werden systematisch in Laufzeiten und Rendite/Risiko-Bausteine übersetzt. Daraus folgen unterschiedliche Kriterien für die Messung von Erfolg der Investition: die kurzfristigen Signale der Performance werden je nach Zeithorizont unterschiedlich interpretiert. Ich schlage vor, dies als langfristigen Prozess zu verstehen, in dem eine ursprüngliche Planung fix bleibt, das Portfolio aber regelmäßig an die sich ändernden Marktbedingungen angepasst wird. Wie komplex dieser Prozess ist, ergibt sich aus der Komplexität Ihrer Ziele und Ihrem Interesse an der Auseinandersetzung mit den Finanzmärkten.

Einordnung dieser Methode

Entsteht durch die Laufzeiten-Methode ein anderes Portfolio, ist das eine neue Art, Portfolios zu bauen? Nein, ein Portfolio, das in diesem Prozess entwickelt wurde, wird sich in seiner Zusammensetzung nicht unterscheiden von jedem anderen, das gut diversifiziert und den Risiko-Rendite-Erwartungen der InvestorInnen angemessen ist. Dieser Prozess ist eine Methode, genau diese angemessenen Risiko-Rendite-Erwartungen zu klären. Und es ist ein Instrument, um den InvestorInnen ihr eigenes Portfolio verständlicher zu machen. In diesem Sinne dient es der Kommunikation. Laufzeiten oder Planungszeiträume scheinen mir das tauglichste Mittel dafür zu sein – aber Sie können auch persönliche Begriffe einsetzen, etwa für kurzfristig „neue Waschmaschine“, für mittelfristig „Weltumsegelung“ … wenn Ihnen das nicht zu indiskret ist. Alle anderen Methoden, um Portfolios zu bauen, etwa risikoangemessene „Kern-Investments“ mit variablen „Satelliten“, liefern auch gute Portfolios – nur sind sie für die Kunden schwerer zu verstehen.

Mein Ziel ist es, Menschen zu ermächtigen, mündige Investment Entscheidungen zu treffen; dafür ist es nötig, Ihnen zu helfen, zu verstehen, wie Investments funktionieren. Dazu ist es nötig, eine verständliche Beziehung zwischen ihren realen, lebensweltlichen Finanzzielen und ihren Investitionen sichtbar zu machen. Deshalb versuche ich abstrakte Begriffe, die nur Finanzmarkt-Experten etwas bedeuten, ebenso zu vermeiden wie scheinbar eingängliche Begriffe („Dynamisch“), die aber tatsächlich mehr in die Irre führen. „Mündigkeit“ bei Investmententscheidungen heißt, die Übersetzung der eigenen Ziele in konkrete Produkte sehen zu können und deren Ergebnisse entsprechend bewerten zu können. Das hier vorgestellte Programm ist eine Methode, das zu erreichen. Mündige Entscheidungen, davon bin ich überzeugt, bringen InvestorInnen nicht nur eine befriedigendere Erfahrung des Verstehens und Gestaltens, sondern auch bessere langfristige Ergebnisse. Und das wiederum ist auch eine volkswirtschaftlich nützliche Funktion, weil Kapital besser zugeteilt wird, dorthin, wo ökonomischer Nutzen entsteht; diese Funktion erfüllen Banken und Versicherungen nicht (mehr) so effizient wie private AnlegerInnen.

Habe ich das erfunden? Nein, überwiegend ist das ist eine Anwendung dessen, was in der Vermögensberatung bzw. Vermögensverwaltung in unterschiedlichem Ausmaß als ethische Grundlage der Beratung praktiziert und vom Gesetzgeber vorgeschrieben wird; die wesentlichste Quelle meiner Überlegungen sind die Richtlinien, die das „CFA-Institute“ publiziert und mit denen ich seit 3 Jahren, im Zuge meiner Ausbildung am CFA-Institute, intensiv befasst bin. Ein guter Teil der vom CFA Institute vorgeschriebenen ethischen Richtlinien beschäftigt sich mit der Kommunikation mit KlientInnen. Das, was ich hier „Investmentplan“ nenne, heißt im englischen Sprachgebrauch „Investment Policy Statement (IPS); eine sehr anschauliche Darlegung der Funktion eines solchen Dokuments mit zahlreichen Beispielen findet sich hier. Eine deutsche Übersetzung der verbindlichen ethischen Grundsätze finden Sie hier. Nur die Verwendung der Laufzeiten habe ich anders gewichtet: in jedem Beratungskonzept sind diese zentrale Kriterien, um Risiko und Ertrag einzuschätzen; ich setze sie aber zu als Werkzeug der Portfolio-Konstruktion ein.

Die Funktion eines verschriftlichten Grundsatzdokumentes, also einer „Verfassung“ des Investmentprozesses, liegt vor allem in der Erleichterung der Kommunikation. In den Gesprächen in 3, 5 oder 12 Jahren erinnert sich kaum noch jemand an die heutigen; es hilft dann ungemein, wenn die gemeinsame Grundlage nachgelesen werden kann. Das vermeidet Missverständnisse. Je länger der Zeitraum ist und je mehr Menschen involviert sind, desto nötiger wird eine solche Dokumentation. Wer für sich alleine und ohne BeraterInnen investiert, wird darauf verzichten können. Aber mit einem Berater, einer Beraterin sollten die Grundlagen der Zusammenarbeit und der Erwartungen an das Investment in einer verständlichen Sprache festgelegt sein – nicht in den Formularen der Finanzinstitute. Die wichtigsten AdressatInnen des Investmentplans sind die InvestorInnen selbst, nicht irgendwelche Fachleute, Juristen oder Behörden, daher sollte es in ihrer Sprache geschrieben sein.

Die Erleichterung der Kommunikation gilt umso mehr, wenn mehrere BeraterInnen involviert sind, etwa in der Betreuung unterschiedlicher Depots oder neben der/m InvestmentberaterIn auch Anwältinnen, SteuerberaterInnen, Stiftungsvorstände etc. Ebenso sind bei den meisten InvestorInnen mehrere Personen beteiligt; ein solches Dokument erlaubt Kindern, Erben und Partnern ein Verstehen des Investments und ein möglichst friktionsfreies Einsteigen in den Prozess. Und, so gerne wir für die Ewigkeit planen, in der Wirklichkeit werden Berater getauscht: wenn neue BeraterInnen ein bestehendes Portfolio übernehmen, hilft es ungemein, die Motivation der Zusammenstellung zu kennen. Allzu oft wird von dem neuen Berater ein völlig brauchbares Portfolio aufgelöst, nur weil er oder sie es nicht versteht – die Kosten hierfür tragen die InvestorInnen.

Ist das nicht viel zu kompliziert? Der Aufwand dieses Prozesses ist anfangs höher als bei einem normalen Beratungsgespräch. Ich denke aber, dass dies durch die höhere Effizienz aller künftigen Kommunikationen mehr als ausgeglichen wird. So aufwändig wie in diesem Text ist es in der Praxis nie, weil im Gespräch Schritte zusammengefasst werden können. Der tatsächliche Aufwand variiert dementsprechend stark, weil er von der Komplexität der Wünsche und dem Interesse der Kunden abhängt. Mit einem sehr klaren einzigen Ziel am Beginn des Sparens ist wenig Aufwand nötig. Oft sind die Ziele auch undefiniert, die Lösung hierfür ist aber eben nicht, alles mit minimalem Risiko anzulegen, sondern eine durchschnittliche Aufteilung der üblichen Laufzeiten anzuwenden. Das sieht dann etwa so aus:

Geld-Ziele

Betrag

Zeithorzont

Aktuelle Aufwendung

€ 10.000

jetzt

Reserve

€ 15.000

kurz

Ein noch unbekannter Wunsch

€ 15.000

kurz

Absicherung Verdienstausfall

€ 25.000

kurz

Pension

€ 50.000

sehr lang

Etwas Gutes, irgendwann

€ 15.000

lang

Etwa Frohes, irgendwann

€ 5.000

lang

Insgesamt

135.000

Investment insgesamt

125.000

Summe kurz

€ 55.000

Summe lang/sehr lang

€ 70.000

Auch damit entsteht ein diversifiziertes Portfolio, für das hiermit eine sinnvolle Kommunikationsbasis erstellt ist. Die Präzisierung der Ziele kann im Laufe der Jahre erfolgen.

Für wen ist das Konzept nicht geeignet?

  • Für jemanden, der nicht über seine/ihre bestehenden Sparformen reden will, sondern nur ein zusätzliches Produkt will, wäre der Prozess überflüssig, weil keine sinnvollen Ergebnisse entstehen können. Dieser Prozess zielt auf die Planung und Gestaltung des gesamten Vermögens ab.

  • Wer schon selbstbestimmt in den Finanzmärkten investiert und die laufende Betreuung gerne übernimmt, hat wenig Verwendung für einen Berater oder Beraterin und ein solches Konzept zur Entscheidungsfindung. Hier können nur Tipps für eine systematische Gestaltung der Investitionen entnommen werden. Dieses Konzept ist aber gut geeignet, um Menschen in die selbständige Investmentplanung zu begleiten, sodass aus anfänglicher Ahnungslosigkeit zunehmend selbstbewusstes Handeln wird.

  • Dieses Konzept bedeutet hohen und regelmäßigen Aufwand für den Berater und ist daher nicht geeignet für Menschen, für Beratung nichts zahlen wollen oder können. Für ersteren Fall kann ich nichts anbieten; für den zweiten möchte ich anmerken: gerade Menschen, die wenig Geld haben, können sich Fehler nicht leisten und sollten ihre Investmententscheidungen gut überlegen. Ich habe diesen Prozess in einzelne Schritte unterteilt, von denen die meisten auch von den InvestorInnen selbst erledigt werden können, sodass sie nur punktuell Beratung in Anspruch nehmen, und, da somit der Zeitaufwand von mir oder anderen BeraterInnen gering ist, bleibt auch das Honorar gering und der Veranlagungssumme angemessen.

  • Für jene, die schon ein gleichwertiges oder besseres Investmentplanungskonzept gefunden haben.

Links:

CFA, Ethische Grundsätze und Standesrichtlinien (deutsch): hier

Warren Buffett (meine Zusammenfassung eines „Briefes an die Aktionäre“): <http://www.contor.at/?p=587>

  1. Anhang:

Investment Policy Statement (IPS)” – Zusammenfassung/Übersetzung des CFA-Dokumentes

Investment Plan“

Kunden in ihren Investmententscheidungen zu beraten, erfordert die Berücksichtigung ihrer Situation, die Erstellung eines tragfähigen langfristigen Plans, der ihre Risikobereitschaft, die Bedingungen und Einschränkungen fest­hält. Für die Komplexität jedes individuellen Investment-Rahmens dient das IPS als Leitfaden für die Planung und Umsetzung eines Investment-Programms.

Das IPS legt Verantwortlichkeiten, Kriterien der Prüfung, Formate des Be­rich­tens fest; ebenso kann es in Zeit der Marktunruhe für Orientierung sorgen. Jedes IPS ist für den/die jeweilige(n) Klienten erstellt und nicht standardisiert.

Folgende Punkte kann es enthalten:

A) Grundlagen

  1. Präambel: Kontext (welches Geld, wer ist die Person bzw. Familie…)
  2. Wer ist der/die InvestorIn (Begünstigte? Wer entscheidet wann?); um welche Teile des Vermögens geht es hier?
  3. Wer ist verantwortlich wofür? Was macht der/die BeraterIn, was die InvestorInnen? Welchem „Verhaltenskodex“ unterliegt der/die BeraterIn?

B) Durchführung, laufende

  1. wer ist verantwortlich für Anpassung von IPS?
  2. Wie oft wird es aktualisiert?
  3. Asset Allocation: wie oft wird sie angepasst, durch wen? (die eigentliche Muster-Asset Allocation besser als eigenes Dokument in Anhang, damit Änderung der AA nicht Änderung des IPS erfordert.)
  1. Investmentziele, Ertrag und Risiko:
  1. Wofür dient das Investment? (i.e. Was soll finanziert werden?)
  2. Wieviel Rendite? Wieviel Rendite mit welchen Bausteinen? Welche Benchmark jeweils? Welche Entnahmen, welche Kosten, wie hoch Inflation, was ist realer Wertzuwachs?
  3. Risiko: was ist die Grundhaltung der InvestorInnen? Was ist die absolute Grenze erträglichen Verlustes? Was die emotionale? Wie soll auf Verluste reagiert werden, wann?
  4. Prüfungs-Zeithorizont: in welchem Zeitraum muss sich die Strategie bewähren (d.h. Renditeziele erreicht haben?). Z.B.: zwar jährlicher Bericht, aber 3-Jahres-Horizont. Was ist der Cash-Bedarf? Was ist die Steuer-situation? Ertrag vor/nach Steuer? Ist Steuerschonung ein Ziel? Gibt es Einschränkungen, z.B. Fremdwährung, Ausland? Wenn Fremdwährung: wie wird diese verwaltet?
  5. Grundphilosophie: was erwarten Kunden von Märkten, sind diese effizient (passives Investment) sind diese ineffizient (aktives)? Langfristig investieren? Ökonom. Nutzen? Ethische Kriterien?
  1. Risiko
  1. Wie wird Performance gemessen, von wem? Wie konsolidiert über unterschiedliche Depots?
  2. Wie wird Risiko gemessen? Wenn Kennzahlen: warum diese, welche Aussagekraft!
  3. Werden Portfolios rebalanced? Wann und vom wem?